Soll ich oder soll ich nicht....?

 

Jeden Tag treffen wir unzählige Entscheidungen, bedeutsame und ganz alltägliche. Was frühstücke ich, was ziehe ich an, fahre ich Auto oder Bahn, soll ich kündigen, noch ein Kind bekommen, mich trennen, umziehen, nochmal ganz von vorne anfangen?

 

Manche von uns frühstücken einfach immer dasselbe und legen abends schon die Kleidung für den nächsten Tag heraus, um sich die Entscheidungen so leicht wie möglich zu machen. Das kann man belächeln als festgefahren und unflexibel oder aber man kann es klug und legitim finden, sich Energie und Zeit im Kleinen zu sparen, damit genügend Ressourcen vorhanden sind für die wirklich entscheidenden Dinge.

 

Denn was tun bei den wichtigen Entscheidungen, die einen großen Einfluss auf unser weiteres Leben haben und auf die Richtung, die wir einschlagen werden?  Bei den großen Entscheidungen neigen viele Menschen dazu, Pro & Contra Listen zu erstellen. Das klingt effizient, rational und anpackend. Warum aber sind wir so häufig nach dem Erstellen ellenlanger Listen gar nicht klüger oder klarer? Auf jedes Pro findet sich im Zweifelsfall ein „Ja, aber…“. Menschen, die schon das nächste Level in Sachen Listenschreiben erreicht haben, gewichten ihre Pros und Contras, denn manchmal nutzen die zehn tollsten Pros nichts, wenn das eine Contra ein so großes Gewicht hat, dass es alle anderen positiven Argumente schlägt. Und trotzdem: Auch die noch so gut ausgeklügelte Liste löst so manches Entscheidungs-Dilemma nicht auf.

 

Denn eine Pro & Contra Liste spricht in erster Linie unseren Verstand an. Sicherlich gibt es Menschen, die eher Kopfmenschen und andere, die eher Bauchtypen sind. Manche Kopfmenschen versuchen dann, auf ihren Bauch zu hören, aber der Kopf funkt immer dazwischen. Bauchmenschen wiederum probieren, die Dinge sachlicher zu sehen – oft vergeblich. Dabei gibt es eine Instanz, die sowohl Bauch- als auch Kopfmenschen haben und die wir alle häufig ignorieren: die Perspektive unseres Körpers.

 

Wenn im Coaching eine Situation nicht durch Reden und kognitive Tools gelöst werden kann, bitte ich meine Klientinnen, sich vorzustellen, dass sie sich bereits entschieden hätten – nacheinander für Option A, B oder C. (Interessanterweise ist es oft leichter, sich zwischen drei Alternativen zu entscheiden als zwischen zwei, also entwickeln wir gemeinsam noch eine dritte Idee, wenn gewünscht.) Für jede Option wird ein Stuhl ausgewählt, auf den sich meine Klientin setzt. Stuhl A steht beispielsweise für "Ich kündige", Stuhl B steht für "Alles bleibt, wie es ist" und Stuhl C steht für "Ich reduziere meine Stunden und beginne eine nebenberufliche Weiterbildung".

 

Alleine die Vorstellung, dass nun nichts mehr entschieden oder abgewogen werden muss, sondern bereits entschieden ist, entspannt viele Menschen. Denn meistens ist der Weg bis zu einem Entschluss viel aufreibender als mit den Folgen eines getroffenen Entschlusses zu leben. Mithilfe von körperlichen Entspannungsübungen und systemischen Coaching-Fragen auf den jeweiligen Stühlen ist es vielen Menschen möglich, nicht nur den Kopf oder nicht nur den Bauch sprechen zu lassen, sondern das ganze System wahrzunehmen. Was eine Entscheidung für uns bedeutet, zeigt uns häufig der Körper.

 

Gemeinsam gucken wir genauer hin, wie dein Körper in den unterschiedlichen angenommenen Optionen reagiert: Spürst du Last auf den Schultern bei der Vorstellung in deinem bisherigen Beruf zu bleiben? Kribbelt es im Bauch, wenn du daran denkst, dich selbstständig zu machen? Ziehen sich deine Mundwinkel nach oben? Oder schnürt es dir eher den Hals zu? Wie verändert sich deine Körperhaltung? Wirst du kleiner, sitzt oder stehst du aufrecht? Denn das, was sich da zeigt, ist im wahrsten Sinne die Ver-Körperung unserer Bedürfnisse, unserer Befürchtungen und unserer Sehnsüchte. Meistens stimmen nach dieser Übung Kopf und Bauch überein. Durch die Unterstützung des Körpers fällt es vielen Menschen nach dieser Übung viel leichter, eine klare und stimmige Entscheidung zu treffen.

 

Welche Entscheidungen möchtest du gerne treffen? Der Schriftsteller Otto Pötter sagt: „Wir können nicht nicht wählen.“ Da wäre es doch schön, wir wählten so, dass es uns als ganzen Menschen glücklich macht – nicht nur den Verstand, nicht nur das Gefühl, sondern von Kopf bis Fuß und ganz und gar!

 

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